By WALO VON FELLENBERG
05.06.2002 / Blick
BIEL – Jungs, Waffen, Ballerspiele – eine explosive Mischung. Auf dem Piratenschiff der Expo.02, der „Arteplage Mobile du Jura“, geht zur Zeit das Stück „Shooting Bourbaki“ über die Bühne. Ein gelungenes Theater zum brisanten Thema Jugend und Gewalt.
Fünf ganz normale Luzerner Schüler stehen auf der Bühne. Die sympathischen 13-jährigen Burschen sind fasziniert von Zielen und Schiessen und Spielen. Wie weit das führen könnte, zeugt der Ablauf verschiedener typischer Situationen. Sie sind kaum in Worte zu fassen, geschweige denn an literarischen Massstäben zu messen.
Alles fängt wie immer ganz harmlos an: mit der Lust an Spielfiguren und dem Heften zum Spiel „Imperiale Armee“. Blöd sind sie nicht, die Luzerner Knaben. Sie sehen ein, dass es sinnlos ist zu töten. Sie wissen auch, dass die französische Armee von General Bourbaki 1971 in der Schweiz Zuflucht fand, dass hier das Rote Kreuz zum ersten Mal in Erscheinung trat. Das hindert sie jedoch absolut nicht, ein Spiel zu erfinden, das „Shooting Bourbaki“ (Bourbaki-Schiessen) heisst.
Der Höhepunkt ist erreicht als der Bühnenvorhang mit der Ansicht der Innerschweizer Berge sich hebt. Der Blick auf die Abendstimmung über dem Dreiseeland wird frei, dann verdüstert sichabrupt die Szene, die kreischende Musik des amerikanischen Horrosängers Marylin Manson erfüllt die Luft, der Lichtmast bricht brutal auf die Bühne herab und die Jungen lassen ihre Aggressionslust ungehemmt an Hunderten von CDs aus. Ungefiltert erhält man so Einblick in die dunklen Seiten jugendlicher Gemüter.
Den Regisseuren Helgard Haug, Stefan Kägi und Daniel Wetzel ist etwas Einmaliges gelungen: Auf packende, realistische Weise gehen sie ein Thema an, das uns spätestens seit dem Erfurter Massaker nicht kalt lassen kann.
Nächste Vorstellungen auf der Arteplage Mobile du Jura: Biel am 5. Juni, Neuenburg am 7. und 8. Juni, jeweils 20 Uhr. Gesprochen wird zu gleichen Teilen französisch und deutsch.
Ballerspiele vor Alpenkulisse: In „Shooting Bourbaki“ stellen Schüler sich selbst dar.