Kein Theater im alten Plenarsaal

Bundestagspräsident Thierse sieht durch Bonner Inszenierung Ansehen des Parlaments beeinträchtigt.

By Kölner Stadtanzeiger/ddp

13.03.2002 / Kölner Stadtanzeiger/ddp


Bonn - Ein für Ende Juni geplantes Theaterprojekt im früheren Bonner Plenarsaal wird voraussichtlich wegen erheblicher Bedenken des Bundestags nicht realisiert. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) sehe „das Ansehen und die Würde des Deutschen Bundestages beeinträchtigt“. Seine Bedenken habe Thierse bereits am 26. Februar der Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD) schriftlich mitgeteilt, berichtete die Bundestagsverwaltung am Dienstag in Berlin.

Bei dem Projekt „Das Volk vertritt die Volksvertreter“ sollte am 27. Juni die im Reichstag laufende Sitzung zeitgleich in den ausgedienten Bonner Plenarsaal übertragen werden. Dort sollten 666 Bürger als Ersatz-Abgeordnete die Rollen der Berliner Parlamentarier übernehmen. Sie erhielten die Berliner Sitzung über Ohrhörer „souffliert“ und würden diese dann simultan wiedergeben.

Die Stadt Bonn erklärte, sie respektiere die Entscheidung des Bundestagspräsidenten. Das Theaterstück könne daher an anderer Stelle in Bonn, nicht aber im ehemaligen Plenarsaal aufgeführt werden . Nach den gültigen Verträgen zwischen dem Bund als Eigentümer des alten Saales und der Stadt Bonn haben das Parlament beziehungsweise der Bundestagspräsident das Recht, geplanten Veranstaltungen zu widersprechen.

Der Programmleiter von „Theater der Welt“, Matthias Lilienthal, will dagegen weiter für das Projekt in seiner ursprünglich geplanten Form kämpfen und werben. Er sehe in der Inszenierung „ein Plädoyer für die Demokratie“, sagte er. Thierses Widerspruch stelle eine nicht zu akzeptierende Einschränkung der Kunstfreiheit dar: „Kunst sollte nicht verboten werden.“ Lilienthal kündigte an, in dieser Frage auf den Bundestagspräsidenten und die Stadt Bonn zuzugehen. Die geplante Inszenierung ist Teil von „Theater der Welt , das zwischen dem 21. und 30. Juni 2002 in Bonn, Düsseldorf, Duisburg und Köln insgesamt 40 Premieren präsentiert. (ddp)

Kölner Stadtanzeiger

Nr. 61/ 13.3.2002, Seite 12


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