Das Theater ist der Ort der Vergegenwärtigung, der Präsenz und Liveness. Das Publikum kann sich Sekunde für Sekunde vergewissern: Diese Körper da auf der Bühne sind für mich da, diese Stimme spricht zu mir – jetzt, in diesem Moment. Aber: Was passiert mit dem Theater, wenn für eine Aufführung die Selbstverständlichkeit der menschlichen Präsenz, der Geistesgegenwart infrage gestellt wird? Wenn über Verschwinden, Vergessen, Abwesenheit nicht nur berichtet wird, sondern sich diese Zustände und Dynamiken raumgreifend manifestieren?
Im Mittelpunkt des Seminars der Autorin und Regisseurin Helgard Haug/Rimini Protokoll steht die Vermittlung eigener künstlerischer Arbeiten, in denen sie sich in unterschiedlichen Formaten mit Abwesenheit auseinandergesetzt hat. „All right. Good night.“, eingeladen zum Theatertreffen 2021, dokumentiert und verwebt verschiedene Auflösungsprozesse am Beispiel der 2014 verschollenen Passagiermaschine MH370 und der sich zeitgleich manifestierenden Demenz eines Einzelnen. Über einen Zeitraum von acht Jahren wird das Verschwinden, die Suche und das Ringen mit der Ungewissheit nachgezeichnet: "Wer bist du, wenn du mir fehlst? Wer sind wir, wenn wir uns selbst abhandenkommen? Wenn eine Person konkret oder im übertragenen Sinn in Auflösung begriffen ist?" Eine weitere Arbeit, die untersucht werden wird, ist das Ausstellungsprojekt „Prinzip Held*“, das im Juni 2024 auf dem ehemaligen Flughafengelände in Gatow eröffnet. „Wie entstehen HeldInnen? Wie lange halten sie sich und wann geraten sie wieder in Vergessenheit?“ sind hier die Leitfragen von Rimini Protokoll. Eine Exkursion zu der Ausstellung ist Teil des Seminars. Ebenso praktische performative Übungen.