Zurück auf Los

Geschehenes wird auf Knopfdruck ungeschehen: „Apfel-Z" und andere Früchte fürs Leben (SR) (Haug/Wetzel: "Undo")

Von Radio-Tagebuch

24.04.2003 / Frankfurt Allgemeine Zeitung


Es hatte einen Unfall gegeben. Er war zu schnell gefahren. Wochenlang saß er am Krankenbett der Freundin, voller Scham und Verzweiflung. Sie erwachte nicht mehr aus dem Koma. Dann drückte er den kleinen roten Knopf. „Apfel-Z" lautet die Tastenkombination, mit der Nutzer von Macintosh-Computern ungeliebte Eingabe-Ergebnisse rückgängig machen können. Mit dem gleichnamigen Hörspiel des Liquid Penguin Ensembles aus Saarbrücken eröffnet der Saarländische Rundfunk eine kleine Reihe von Radiostücken, die mit dem Gedanken spielen, es müsse einen solchen Befehl auch im Leben geben. Die lose Trilogie präsentiert zugleich drei ganz unterschiedliche Arbeiten einer jungen, von Theater und Performancekunst inspirierten Generation von Hörspielmachern. Geschehenes wird ungeschehen, doch die Erinnerungen bleiben dem, der den Knopf drückt. Die Autorin Katharina Bihler und der Komponist Stefan Scheib entwarfen mit „Apfel-Z" eine Mischung aus Science-fiction-Satire und Kulturfeature. Als ihr Protagonist seine Freundin gerettet hat, kennt er kein Halten mehr und stürzt sich in eine Reihe reueloser Abenteuer. Gleichzeitig erinnert das Hörspiel, inszeniert von den Autoren und Heidrun Nass, an die antike Sage von Orpheus und Eurydike und thematisiert Konzepte der zeitgenössischen Malerei, die sich auf Zeit und Vergänglichkeit beziehen.


Klassische Motive klingen auch in „Undo" von Helgard Haug und Daniel Wetzel an, das der SFB 2002 unter der Regie der Autoren produzierte. Die Flüsse Mnemosyne und Lethe stehen für antike, der Tintenlöschstift für heutige und ein fehlerhafter „Brain-Data-Control-Chip", der seine Träger in unfreiwillige Zeitsprünge stürzt, für zukünftige Konzepte von Erinnerung und Vergessen. Haug und Wetzel, die mit ihren Theater- und Hörspielprojekten stets an der Grenze von Kunst und (inszenierter) Wirklichkeit operieren, verbinden Interviews mit Lösch- und Kognitions-Experten mit einer fiktiven Handlung zu einem verwirrenden Cyber-Krimi.


„Erdbeeren im Januar", die zweite Ursendung des SR (Regie: Andrea Getto), entspinnt einen charmanten Reigen um verpaßte Chancen. Die Kanadierin Evelyne de la Chenelière, deren Stück von der „Academie québecoise du théâtre" ausgezeichnet wurde, läßt vier Liebende miteinander durchspielen, was gewesen wäre, wenn alles anders wäre.

FRANK KASPAR


SR 2 sendet „Apfel-Z" am kommenden Sonntag um 15.04 Uhr. »Undo" und „Erdbeeren im Januar" folgen im Wochenabstand jeweils zur gleicheil Zeit im selben Programm.


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