Von Christiane Große-Thie
13.03.2002 / Bonner Rundschau
Das Theaterprojekt „Deutschland 2“ ist durchgefallen – und das schon vor der geplanten Uraufführung am 27. Juni im Bonner Plenarsaal. Das ist eigentlich ein Witz, bedenkt man, das bislang die Zuschauer über den Erfolg eines Kunstprojekts entscheiden. Und die Zuschauer kamen bislang scharenweise, um bei „Deutschland 2“ als Laienschauspieler selbst begeistert mitzumachen.
Das Projekt ist durch eine völlig neue Art von Prüfung gefallen: Würdeprüfung heißt sie und deren oberster Richter ist Bundestagspräsident Wolfgang Thierse. Wenn das Volk die Volksvertreter vertritt, meint Thierse, dann wiederspricht das der Würde des deutschen Bundestags. Das wirft ein interessantes Licht darauf, was die Volksvertreter vom Volk so halten: In Berlin hält man es wohl für unwürdig, sich vom Volk in Bonn vertreten zu lassen. Autokonzerne, Banken und Versicherungen aber, die im Plenarsaal ihre Produkte und Bilanzen vorstellen wollten, haben die Würdeprüfung bislang mit Bravour bestanden. Bürger und Künstler aber müssen leider draußen bleiben, genau wie die Pinguine der Post AG. Die Absage, die den Theatermachern unter dem Briefkopf mit dem Bundesadler ins Haus flatterte, ist ein Witz, ein ziemlich unwürdiger dazu.
Christiane Große-Thie