Stefan Kaegi weiss alles
über Heuschrecken
Von Anne Peter
05.04.2010 / Berliner Morgenpost
Berlin – „Und sie kamen über ganz Ägyptenland ... Und sie fraßen alles, was im Lande wuchs.“ So steht es im 2. Buch Mose. Auch heute noch gelten Heuschrecken, wenn auch eher in Müntefering’scher Metaphorik, bekanntlich als die schlimmsten Plagegeister.
6282 Exemplare dieser mythisch aufgeladenen Tierchen können die Zuschauer im riesigen Terrarium beobachten, dass sich über die ganze Länge des HAU 3 erstreckt und mit diversen Kameras für Live-Zoom gespickt ist. Dankenswerterweise verzichtet der „Heuschrecken“- Abend von Stefan Kaegi, Mitglied des Dokutheater-Kollektivs Rimini Protokoll, auf jedes Hedge-Fond- Bashing und zieht stattdessen vielfältige andere Verbindungslinien zwischen seinem Anschauungsobjekt und gesellschaftlichen Phänomenen, von Klimakatastrophe bis Migrationspolitik.
Für seine interessante, die Ebenen intelligent verschränkende Na- turkunde-Polit-Performance hat Kaegi wieder die Rimini-typischen „Experten des Alltags“ engagiert: Heuschrecken-Fachmann Dr. Jörg Samietz weiß alles über Körpertemperatur und Kannibalismus. Bo Wiget untermalt die übertragene Heuschrecken-Paarung filmreif mit Cello-Musik. Und die Astrophysikerin Barbara Burtscher hat ein Training in der Marsstation in Utah absolviert und betritt das Terrarium am Ende im Astronautenanzug – ein Endzeit-Szenario. Denn eine Welt ohne Menschen wird wohl immer noch eine Welt mit Heuschrecken sein.
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