Von Susann Oberacker
26.04.2003 / Morgenpost
Sterben kommt auf der Bühne immer mal wieder vor. Durch Gift, Pistolen oder Messer. Es gibt den Heldentod, den Meuchelmord, das Märtyreropfer. Wie aber stirbt der Mensch im wahren Leben? Dieser Frage ist das Theaterkollektiv "Rimini Protokoll" in "Deadline" nachgegangen. Mit dieser Uraufführung im Neuen Cinema läuft auch dort die Frist ab. Das chronisch finanzschwächelnde Schauspielhaus schließt am 5. Mai sein Haus am Steindamm.
Den Rahmen für "Deadline" liefert der Trauer-Marathon eines Großfriedhofs wie Ohlsdorf. Im 15-Minuten-Takt werden die Hinterbliebenen durch die Kapellen gehetzt.
Trauermusik beim Reingehen. Trauerrede. Trauermusik beim Rausgehen. Die "Entsorgung" ist ein Geschäft, das von Profis erledigt wird. Und genau die haben die Theatermacher auf die Bühne geholt. Keine Schauspieler, sondern einen Trauerredner (Olav Meyer-Sievers), einen Steinbildhauer (Hilmar Gesse), einen Krematoriumsberater (Hans-Dieter Ilgner) und eine Trauermusikerin, die anonym bleiben will.
Unterstützt von ein paar Monitoren und jeder Menge Kränze erzählen die fünf von ihrer Arbeit. Die ist dem gemeinen Zuschauer so fremd, dass jede Information wie eine Geschichte aus einer unbekannten Welt klingt. Insofern schaffen die fünf Akteure pures Theater - ohne viel Theater zu machen. Eigenwillig faszinierend - wie es Sitte war im Cinema.
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