Von Kronen-Zeitung
06.12.2004 / Kronen-Zeitung
Reality-Show nicht nur im Fernsehen, jetzt auch im Theater, auf der Bühne! Rimini Protokoll ist der Name dreier junger Regisseure aus Deutschland und der Schweiz, die sich als Initiatoren eines dokumentarischen Theaters profiliert haben. Ihre Namen: Helgard Haug, Stefan Kaegi und Daniel Wetzel. Bereits zum zweiten Mal inszenierten sie mit großem Publikumserfolg fürs Burgtheater.
Rimini Protokoll arbeitet nie mit professionellen Schauspielern, die Bühne wird zum Podium für Laien und Experten, die ihren Stoff aus der Wirklichkeit nehmen, Stück und Aufführung selbst gestalten und letztlich ihre Probleme, Ideen, Wünsche, Enttäuschungen in ihrer eigenen Sicht darstellen.
Ausgehend vom Standort der jetzigen Produktion, dem ehemaligen Palais Erzherzog Ludwig Viktor und Militärkasino am Schwarzenbergplatz, trägt das Unternehmen den Titel „Schwarzenbergplatz". Die Selbstdarsteller sind tatsächlich Diplomaten, Polizeichefs, Rüstungsbeauftragte des österreichischen Bundesheeres; die Erfahrungen ihres gegenwärtigen oder ehemaligen Berufs zu einer eindrucksvollen Geschichte der österreichischen Diplomatie und des Zusammen
Da spricht der frühere österreichische Botschafter in Peking, Wolfgang Wolte, mit viel Humor und Selbstironie über seine Aufgaben in einem sich verändernden China; da werden Staatsbesuche in Osterreich demonstriert; da zeigt die Besitzerin des Geschäfts „Fahnen Christi";. Ulrike Zimmel, ihr gewaltiges Arsenal von Fahnen sogar exotischster Länder:, da blättert der Amerikaner Adran Weygandt die extremsten Kriegsspiele auf; da erzählt die Exgattin eines Honorarkonsuls in Afrika ihre fragwürdigen Repräsentationsaufgaben und ihren stillen Abschied aus Ehe und Diplomatie. Eine chinesische Gesangsstudentin macht auf die Schwierigkeiten aufmerksam, in Osterreich als Studentin zu leben.
Mehr oder minder gute Selbstdarsteller denunzieren ihren Status und machen sich mit viel Humor über die Vergeblichkeit von Diplomatie, Staatsbesuchen, Repräsentation lustig. Und sie zeigen manche - unnotwendige - Lächerlichkeit in diesen Berufen und in den Relikten der österreichischen -Monarchie auf. Franz Joseph und eine chinesisch sprechende Romy-Schneider-„Sissi" haben das letzte Wort ...
Nach dem eindrucksvollen Stück „Deadline" (fünf Experten im professionellen Umgang mit dem Tod), das heuer zum Berliner Theatertreffen eingeladen wurde, hat Rimini Protokoll auch diesmal für „Schwarzenbergplatz" glänzend gearbeitet.
Mit unglaublicher Sicherheit hat man die richtigen Leute gewinnen können. Dem Team gelingt es. Feinde von Reality-Soaps im Fernsehen mit dieser Revue zu begeistern und vor allem: Rimini Protokoll lässt einen mitunter herzhaft lachen