"Radio Muezzin": Zappen durch die Bilder-Kultur-Maschine

Die Inhalte der Ausstellungen sind oft weniger spannend als ihre Titel. Medienkunst ist heuer ein Schwerpunkt in Graz. Die Gruppe "Rimini Protokoll" punktet mit einem aktuellem Thema: "Radio Muezzin".

Von BARBARA PETSCH

27.09.2009 / Die Presse

Menschenauflauf bei der Warhol-Ausstellung im Grazer Kunsthaus am Samstag. Doch auch an Nebenschauplätzen gab es Gedränge. Viele Veranstaltungen des „Steirischen Herbsts“ sind gratis. Allerdings hat man den Eindruck, dass ein nicht unwesentlicher Teil des Publikums aus den Künstlern, Kuratoren, Helfern besteht, die von einem Schauplatz zum anderen wandern. Über die ganze Stadt verteilt sind die Ausstellungen, inflationär könnte man meinen. Die vielen Grazer Kunstorte verlangen nach Inhalt.

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„Gott“ ist auch ein Thema der neuen in Deutschland viel diskutierten Performance des „Rimini Protokoll“, spezialisiert auf Erkundung des Alltags. „Radio Muezzin“ lässt Muezzins zu Wort kommen, die demnächst durch das Radio ersetzt werden sollen. Der Radio-Muezzin schied nach Spannungen mit den Live-Muezzins aus der Aufführung aus und ist nur mehr auf Video präsent.Im Festivalzentrum, heuer im Orpheum angesiedelt, erzählen die drei traditionellen Muezzins von ihrem Leben: Der eine ist fast blind, der andere wurde von einem Auto angefahren und schwer verletzt, die Religion hat ihn wieder aufgerichtet. Der dritte musste seine Familie verlassen, weil der kleine Acker sie nicht alle ernähren konnte.
Die Performance berührt und bildet einen eigenartigen Kontrast zum hektischen Getriebe der Künstler beim „Herbst“. Tradition prallt auf Moderne. Und: Man lässt einander leben. Das ist keineswegs mehr selbstverständlich, auch nicht in Graz.

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