"Kapital"-Sieg in Mülheim

"Stücke 07" kürt Rimini

Von Mannheimer Morgen

05.06.2007 / Mannheimer Morgen

Alljährlich inspiziert das Mülheimer "Stücke"-Festival die Dramenproduktion der Spielzeit und kürt am Ende das beste deutschsprachige Stück mit einem Preis. Am vergangenen Wochenende rückte nun erstmals die Gruppe Rimini Protokoll aufs Siegertreppchen vor. Ihr Stück "Karl Marx: Das Kapital, Erster Band" wurde von einer Jury mit dem mit 15 000 Euro dotierten Mülheimer Theaterpreis geehrt.

Die Entscheidung kommt einer Sensation gleich, weil sich damit eine Wende in Mülheim ankündigt. Das Festival führt zwar die "Stücke" im Namen, hat als Autorenfestival bisher aber vor allem Texte bepreist. Die Juryentscheidung trägt nun erstmal einer Tendenz Rechnung, nach der Autoren immer stärker Stücke aus dokumentarischem Material zusammenstellen. Rimini Protokoll, die mit ihrem "Wallenstein" (Sven-Joachim Otto) vor zwei Jahren am Mannheimer Nationaltheater für Furore sorgten und zum Berliner Theatertreffen eingeladen wurden, arbeiten mit Laien, so genannten "Spezialisten des Alltags", deren Lebensgeschichten nicht nur das Textmaterial liefern, sondern die dies auch noch selbst spielen. "Das Kapital" versammelt dazu Callcenteragenten, DKP-Aktivisten, Spielsüchtige, Hochstapler, Marx-Wissenschaftler auf der Bühne und lässt sie von der Rolle des Kapitals in ihrer Biografie erzählen.

Ebenfalls in dieser Tradition stehen die "Schwarzen Jungfrauen" von Mannheims ehemaligem Hausdichter Feridun Zaimoglu und Günter Senkel, ein bissiger Monolog junger Muslime über die Dekadenz der westlichen Gesellschaft. Weitere Kandidaten in Mülheim waren unter anderen Elfriede Jelinek mit ihrer Schillerübermalung "Ulrike Maria Stuart", die auch bei den Schillertagen zu Gast sein wird. zim


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Karl Marx: Das Kapital, Erster Band