Von Jürgen Boebers-Süßmann
24.08.2015 / WAZ Bochum
Bochum. Ein Lastwagen wird zum Zuschauerraum. Das Publikum bereist ausgesuchte Orte zwischen Duisburg und Dortmund. Pilotprojekt startet im Oktober in Bochum.
Das Ruhrgebiet steckt voller Geheimnisse. Selbst jene, die immer hier gelebt haben, finden immer noch und immer wieder Stellen, Ecken und Orte, die unbekannt waren, die verwundern oder überraschen. Der Ruhrpott ist als Stadtlandschaft der größte Ballungsraum Europas: man kann es versuche, aber man wird ihn niemals „in den Griff kriegen“. Zu komplex, zu groß, zu vielschichtig ist das Revier. Und es steckt voller Geschichte(n).
Mit dem Kunstprojekt „Truck Tracks Ruhr“ werden die Künstlergruppe Rimini Protokoll und der Ruhr.2010-Nachfolger Urbane Künste Ruhr ab dem nächsten Jahr solchen Geschichten eine Bühne geben. Genauer gesagt, soll das gute, alte Ruhrgebiet selbst zur Bühne werden.
Pilotphase in Bochum
Das Konzept von „Truck Tracks Ruhr“ fußt auf einem fahrbaren, tonnenschweren Untersatz: Ein Lastwagen wurde eigens zu einem Zuschauerraum umgebaut, rundum versehen mit Fensterglas. Das Publikum bereist jeweils ausgesuchte Kommunen zwischen Duisburg und Dortmund. Und mit jeder Öffnung des Vorhangs kommen neue Städte, neue Ortsteile, neue Viertel und Landschaften, aber auch neue Schichten und Geschichten hervor. Unverstellt, aber neu fokussiert und immer künstlerisch verfremdet und vertont.
„Von April 2016 bis März 2017 werden diese neuen Blicke auf das Ruhrgebiet inszeniert. Für die berühmte Warholsche ,Fünf-Minuten-Berühmtheit’ wird Ort für Ort mit seinem zufälligen Geschehen auf einen Sockel gehoben, in ein Theaterstück oder in einen Film verwandelt, der sich gerade hier, genau jetzt auf der anderen Seite der Glasscheibe abspielt“, verspricht Urbane Künste-Chefin Katja Aßmann.
Urbane Landschaft erkunden
So groß die Reichweite der Orte, so unterschiedlich die Künstler. Nicht nur internationale Theater-, Hörspielmacher und Musiker, auch kreative und wissenschaftliche Geister „vonne Ruhr“ werden sich mit den Orten beschäftigen. Dabei soll es um Erfahrungen, aber auch um Entdeckungen gehen: „Manche Beiträge leben davon, dass Künstler die Geschichte der Orte sehr genau kennen und erfahrbar machen, andere überraschen durch den unverstellten Blick eines Menschen, der noch nie im Ruhrgebiet war“, so Aßmann.
Bereits am 7. Oktober startet die Pilotphase von „Truck Tracks Bochum“ – und zwar im Rahmen der Christoph Schlingensief-Gastprofessur für Szenische Forschung an der Ruhr-Universität Bochum. Die „urbane Landschaft“ Bochums und das alltägliche Leben in und mit unserer Stadt werden von Studierenden inszeniert und vertont.
Jürgen Boebers-Süßmann