Von MARGARETE AFFENZELLER
22.10.2014 / derStandard.at
Maria-Cristina Hallwachs ist vom Hals abwärts gelähmt sowie von einer Lungenmaschine abhängig
Die Theatergruppe Rimini Protokoll ist dafür bekannt, auf der Bühne mit Laienschauspielern zu arbeiten, sogenannten Experten des Alltags. Für die Protagonistin ihres jüngstens Stücks "Qualitätskontrolle", dessen Hörspielfassung bis Dienstag auf oe1.orf.at online abrufbar ist, wirkt dieser Expertenbegriff fast zynisch: Maria-Cristina Hallwachs hat vor 21 Jahren einen Genickbruch überlebt und ist seither vom Hals abwärts gelähmt sowie von einer Lungenmaschine abhängig. Sie drückt es menschlicher aus: "Ab meinem Kinn abwärts spüre ich nichts auf meiner Haut."
Die heute 40-jährige Frau nimmt die Rolle der Expertin für ein eingeschränktes und abhängiges Leben ganz kühn und selbstbewusst an. Sie gibt niederschmetternde Auskünfte über ihren körperlichen Zustand ("Ich sterbe in fünf Stunden, wenn die Batterien meines Zwerchfellstimulators ausfallen"). Dabei behauptet sie sich und ihr Leben aber in vielstimmigen Statements. Es ist vor allem diese akustische Form, die ihrem (medizinisch) überwachten Leben Kraft verleiht: die starke Stimme, der verbale Triumph des Daseins.
Das Besondere ist, dass Maria-Cristina Hallwachs selbst an das Mischpult tritt und die Stimmen ihrer Geschichte (Vater, Mutter, Pfleger usw.) mit "Play"- und "Stop"-Befehlen neu arrangiert.
Mit ihrer geschmeidigen, wiewohl hörbar technikgestützten Stimme (wegen der Beatmung) spricht sie tagebuchartig Themen wie Kostenfrage oder Verdienst an. Und dann: "Ich habe die Ethikkommission überlebt." Diese befand darüber, ob ihr Leben lebenswert sei. Das konnte die junge Frau zum Glück selbst entscheiden. Ein über die Maßen ermutigendes Hörspiel.