Ganz spezielle Lebenssituationen

LAOKOON-FESTIVAL : »Rimini Protokoll« aus Deutschland

Von Susann Oberacker

23.08.2004 / MOPO

"Geht nach Hause und verfolgt die Nachrichten" - das war alles, was die Firmenleitung der belgischen Fluggesellschaft Sabena ihren 12000 Mitarbeitern am 7. November 2001 mitteilte. Das in den 50er Jahren gegründete Unternehmen hatte Konkurs gemacht. Die Türen blieben geschlossen. 12000 Magnetkarten wurden gesperrt, 12000 Identitäten gebrochen.

Zweieinhalb Jahre später lässt das Theatertrio "Rimini Protokoll" ehemalige Sabena-Angestellte in "Sabenation, go home & follow the news" zu Wort kommen. Beim Laokoon-Festival auf Kampnagel avancierten die Amateur-Schauspieler zu Publikumslieblingen.


"Experten für spezielle Lebenssituationen" nennen Helgard Haug, Stefan Kaegi und Daniel Wetzel die Menschen, die sie in ihrem Doku-Theater vorstellen. Und so stehen die persönlichen Lebensgeschichten der Darsteller im Mittelpunkt - die der Stewardess, die nach 143 erfolglosen Bewerbungen Kurse für Vorstellungsgespräche gibt, die des Fluglotsen, der zuständig ist für das Verpacken von Pillen gegen Depression. Doch das Stück geht darüber hinaus, stellt die biografischen Fragmente in einen politischen Zusammenhang.


Vor allem erzählt es vom Verlust der Identität. Von der Angst, die Menschen befällt, wenn sie aus ihrem "Zusammenhang" gerissen werden. Und wenn am Ende die kleine Tochter der Stewardess, nach ihrem Berufswunsch gefragt, "Anwältin" antwortet, dann haben wir einen kurzen Moment das Bild unserer Zeit, wo ein jeder seines Glückes Schmied ist und seine Zukunft selbst sichern muss.


www.mopo.de - Artikel vom 23.08.2004


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