„Ein kleiner Abend über ein großes Stück“

Daniel Wetzel hat sich mit dem Onlineversandhändler Amazon beschäftigt. Herausgekommen ist ein Theaterstück, über das er in Lörrach spricht. Im Interview verrät er vorab überraschende Erkenntnisse seiner Recherche.

Von Savanna Cosma

27.11.2024 / Badische Zeitung

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"Wie sind Sie bei Ihren Recherchen vorgegangen?
Vor allem haben wir mit möglichst vielen Menschen innerhalb und an den Rändern des Unternehmens gesprochen. Dafür Kon- takte herzustellen, Angestellte zu finden – sogar ehemalige, die jetzt für Google oder so arbeiten – und sich trauen, auch anonym zu sprechen, war super kompliziert. Das dau- ert. Du gehst auf E-Commerce-Messen, machst Werksführungen mit oder Seminare der Gewerkschaft Verdi für Amazon-Mit- arbeitende, fragst die nach weitere Leuten, gehst zum Abschiedsgrillen, wenn ein Werk schließt, oder bestellst was und sagst den Boten: „Hey, 20 Euro die Stunde, lass mal reden.“

(...)

Welche Dinge haben Sie besonders überrascht?
Zum Beispiel, dass Amazon mit seinem Versandgeschäft gar nicht den Großteil seines Gewinns erzielt, sondern mit Firmenteilen, die mir überhaupt nichts sagten wie die Klickarbeiter-Plattform „Mechanical Turk“ zum Beispiel, auf der auch im Moment Tausende Unsichtbare die Künstlichen Intelligenzen und Datenbanken füttern.

(...)

In „la danse d'amazon“ wirkt beispielsweise ein Psychologe und Mittelschullehrer aus Nigeria mit, der aus seinem Heimatland flüchten musste und nun in einem Kühllager bei Amazon Fresh arbeitet. Hätte ich meine Recherchen nicht begonnen, hätte ich diesen faszinierenden Menschen nie kennengelernt – und ihm vermutlich auch nie zugehört. Durch seine Präsenz in dem Stück können wir also eine neue Perspektive auf die Wirklichkeit schaffen und die führt dann zum Beispiel auch dazu, dass ich auf der Bühne einen Eisbären knutschen werde."

 


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la danse d’amazon (solo)
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