Uraufführung: Der Besuch der alten Dame

Von Haug / Kaegi / Wetzel

Rekonstruktion der Uraufführung von 1956 und dem, was rund um das Theater geschah, davor und danach, am selben Ort mit Beteiligten von damals, 11 Kindern, 46 lebensgroßen Schwarzweißfotos und einem Musiker. 

Bei Uraufführung: Der Besuch der alten Dame beschäftigen sich Helgard Haug, Stefan Kaegi und Daniel Wetzel mit einem Teil der Geschichte des Schauspielhauses Zürich: der Uraufführung von Friedrich Dürrenmatts "Der Besuch der alten Dame" am 29. Januar 1956. Mit acht Experten – ehemalige Mitarbeiter und Zuschauer des Pfauens – durchforschen sie das kollektive Gedächtnis und rekonstruieren von den Rändern her die Umrisse der Inszenierung von Oskar Wälterlin mit der unvergesslichen Therese Giehse als Claire Zachanassian. Der ehemalige Regieassistent Richard Merz entzifferte die Steno-Notizen in seinem Regiebuch, Bibi Gessner, die damalige Direktionssekretärin erinnert sich, wie sie jeden Tag die von Dürrenmatt korrigierten Manuskriptseiten tippte, der Bühnenarbeiter Hans Städeli organisiert nochmals die offenen Szenenumbauten, und drei Mitglieder des nun erwachsenen Kinderchors singen das Willkommenslied für die Zachanassian. Wichtiger Mitspieler dieses Projektes ist gleichzeitig auch sein Adressat: Das Publikum, die Zuschauer, die oft seit Jahrzehnten bei jeder Premiere und jeder Uraufführung auf demselben Platz im Pfauen sitzen, neben denselben "Nachbarn", und eine Gemeinschaft begründen, vor dem sich jedes neue Stück bewähren muss. Der Unternehmer Johannes Bauer war ebenso im Zuschauerraum wie die Fernsehmoderatorin Eva Mezger-Haefeli und der damalige Gymnasiast Kurt Weiss.

In der bekannten Rimini-Vorgehensweise laden diese acht "Experten" zu einer Erinnerungs-Seance ein und lassen eine der grossartigsten Inszenierungen in der Geschichte des Pfauens wiederaufleben: Die alte Dame "Theater" kommt zu Besuch. Und während Claire Zachanassian ihre Gerechtigkeit fordert, "die sie sich leisten kann", stellt sich zum einen die Frage nach der kollektiven Schuld, nach der Käuflichkeit, aber auch nach dem kollektiven Gedächtnis mit neuer Schärfe. Zum anderen wird mit dieser Rekonstruktion auch die Frage an die Relevanz eines solchen Ereignisses und an das Theater überhaupt gestellt. Welchen Platz nahm der Theaterbesuch im Leben der Zuschauer ein? Warum ging man hin? Welche Folgen hatte das Erlebnis für jeden Einzelnen, für das Theater, für die Stadt? Und was lebt davon nach 51 Jahren an Erinnerungen weiter?


Von: Helgard Haug, Stefan Kaegi, Daniel Wetzel

Mit: Johannes Baur, Ursula Gähwiler, Hans Graf, Bibi Gessner, Richard Merz, Eva Mezger, Hans Städeli, Christine Vetter, Kurt Weiss u.a.
Bühne: Simeon Meier
Kostüme: Maja Kuhn
Musik: Markus Reschtnefki
Licht: Sascha Haenschke
Dramaturgie: Imanuel Schipper
Produktion: Schauspielhaus Zürich

Premiere: Schauspielhaus Zürich/Pfauen (im Rahmen der Züricher Festspiele), 21.Juni 2007

www.schauspielhaus.ch