Play* Europeras 1&2
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1987 uraufgeführt an der Oper Frankfurt (in der Alten Oper), sagte John Cage, dieses Projekt sei eine der wenigen Entscheidungen in seinem Leben, die er bereue. Vermutlich unter dem Eindruck der selbst für seine Verhältnisse überdimensional zahlreichen Entscheidungen, die vordergründig dem Geschmack, der Tradition, der Manier, der Ideologie entzogen, anhand des I-Ging – einer Art Orakelprinzip – getroffen werden mussten.
John Cage hat freigestellt, ob diese jeden Abend neu ausgewürfelt werden sollen, beispielsweise von jedem*jeder Sänger*in allein für sich in der Garderobe.
Wir haben uns dafür entschieden, diese Operationen nur einmal durchzuführen und auch der Genauigkeit einen Zeitraum zu geben, dessen sie bedarf, um dem Zufall zur Stärke zu verhelfen.
Um die Frage beantworten zu können, wie viele Teile die Oper haben soll, fragten wir deshalb im Vorfeld den Wirt der Brückenschenke an der Wupper nahe der Oper: Was denkst Du, wieviele Länder gibt es auf dem Kontinent Europa? Er stellte sich als Palästinenser vor und Nebenbeiprogrammierer und tippte auf 27. Sicher? - 27. Europeras 1 ist in unserer Inszenierung in 27 Teile unterteilt.
Für ein Feld von 64 Feldern organisieren wir wiederum in unzähligen Ermittlungs-Operationen, welche der 10 bzw. 9 Sänger*innen in welcher Kleidung auf welchem Feld aus welcher Arie wie lange singen sollen, während welche Bild-Tafeln, Bühnenbild-Elemente und Requisiten erscheinen und welche Sätze hinzugeraten können.
Europeras 1 & 2 ist ein Opernzirkus, ein Experiment des Unerwarteten, Unerhörten. Er spannt den großen Boden zwischen Unerwartetem und Entscheidung - sowohl im Prozess seiner Erarbeitung, als auch in jedem Moment der Aufführung. Wie gehen wir mit der Überraschung um? Mit dem Unerhörten? Wo, wenn nicht in das Neue, lohnt es sich, hinein zu lauschen? Was, wenn nicht die Beobachtung des eigenen Umgangs mit den mitgebrachten Konventionen, steht auf dem Spiel bei diesem Spiel?
Europa - in einer Phase der Zuspitzung seiner paradoxen und hoffentlich auch seiner elementaren Kräfte - ist das Gesicht, das sich im Spiegel seiner Opern betrachtet. Für Europeras 2 reisen wir deshalb für jede der 9 Stimmen in eine andere Stadt des Kontinents und filmen Opernsänger*innen beim Singen ihrer Arien, im Modus des Erinnerns. An der Ampel. In ihrem Wohnzimmer. Vor ihrem Wahrzeichen. An Orten des Zufalls.
Zu Beginn des Projekts dachten wir, es ginge darum, speziell den Europeras und der Kunst von John Cage allgemein den Spieltrieb unterzujubeln, der mittlerweile in den Highspeedbörsen für eine neue Dimension des Wetters sorgt - ein zufälliges Finanzwetter, dessen algorithmisches Flackern keiner mit Hirn mehr lenkt. Wir haben entdeckt, dass das Gegenteil im Kern dieser Arbeiten steckt - ein permanentes Abwägen und Beobachten der Werte, deren Erscheinen wir schätzen, weil sie statt der Diskussion den Umgang mit dem feiert, was uns begegnet. Und wenn Du es nicht feiern kannst, so John Cage - dann ist es keine Kunst.