Europa tanzt. 48h Meerschweinkongreß

Von Stefan Kaegi / Bernd Ernst (Hygiene heute)

48 Stunden Wiener Kongress für 72  Meerschweinchen. 

»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»

Mittelhohes Quieken: Bettellaute
Hohes Quieken: Angst
Schreien: Schmerzen
Gurren: vollauf zufrieden
Zähneklappern: Drohgebärde
Knattern und wiegender Schritt: Männchen wollen Weibchen beeindrucken;Begrüßung
Nase hoch in die Luft strecken: Neugier
Luftsprünge: Freude und Vergnügen
Zickzacklaufen: Übermut und gute Laune

Wer ist das Meerschwein Metternich?
Wie riechen Pemmerl und Lackerl?
Wer sind führenden Meerschweine?
Wie bekämpft man Grabmilben unter der Haut?
Was bedeuten die ständigen Besuche von Hardenberg in Paris?
Wer verdient am meisten Petersilie?

Hygiene Heute (Stefan Kaegi / Bernd Ernst) errichtet in Zusammenarbeit mit Meerschweinchenfreunde Österreichs (Stammtisch seit 1996), Meerschweinchen in und der Meerschweinchen Ranch von Edelberg vom 28. bis 29. Juni 2001 in der Halle G des MuseumsQuartier ein soziales Experiment: über 300 Quadratmeter Auslauf für Rudeltiere, die in Europa unter Einzelhaftbedingungen leben müssen, die als Streithähne bekannt sind und die sich bei Gefahr in Höhlen verstecken: Meerschweinchen.

Sie leben in einem strikten sozialen Miteinander. In den gebildeten Verbänden bestehen klare Hierarchien; es gibt Könige, Fürsten und Untergebene. Die Fürsten stecken die Territorien ab und ziehen die Grenzverläufe. In und zwischen ihren Gebieten bilden die Tiere Trampelpfad-Netzwerke, die den feudalen Unterschlupf mit den Petersilieplantagen verbinden.

Für die Arealeröffnung vom MuseumsQuartier entsteht im Tanzquartier Wien/Halle G ein Europa- Biotop, in das am 28. Juni ca. 60 Nageperformer verschiedenster Rassen eingesetzt werden. Nach der Gebietserkundung wird es im MuseumsQuartier um die Aufteilung der kaiserlichen Spielwiese gehen.

Durchs Fernglas beobachtet das Publikum das politische Geschehen wie einen Wiener Kongress des 21. Jahrhunderts. Russen, Holländer, Peruaner, Englische Rex-Meerschweinchen und Teddies. Auch die hierzulande unbeliebten rotäugigen Albinos werden eingeladen.

Über Kopfhörer gesellen sich zur Jägerperspektive Texte von Kotzebue, Vorträge von Tierärzten, Berichte aus Geschichte, Zucht und Politik: Konferenzgespräche. Im Gehege entscheiden sich die Tiere für oder gegen den Liberalismus, für oder gegen die Restauration, für oder gegen Napoleon. Wird der Kongress tanzen?

Was ist, wenn Zar Alexander Metternich mit einem Knattern überrascht?
Wie wird sich dieses Europa weiterentwickeln?
Droht schon bald die Übervölkerung?
Wie steht es um die Integration der Albinos?
Wer hat die Kontrolle über die Petersilie?

 

Von: Stefan Kaegi, Bernd Ernst
Mit: Monika Dworan, Gründer von “Guinea pigs in need”, 72 guinea pigs. 

In Zusammenarbeit mit den Meerschweinchenfreunden Österreichs
Aufführung: Tanzquartier Wien, zur Eröffnung des Museumsquartiers Wien, 28./29. Juni 2001