Ciudades Paralelas - Parallele Städte

| Ein Projekt kuratiert von Lola Arias und Stefan Kaegi

Hotelzimmer, Bibliotheken, Shoppingcenter, Bahnhofshallen, Fabriken...
Funktionale Orte sind keine Sehenswürdigkeiten. Sie existieren in jeder Stadt. Sie machen die Stadt als Stadt bewohnbar. Es sind wiedererkennbare Orte, die in Städten rund um die Welt parallele Existenzen mit ähnlichen Regeln aber lokalen Gesichtern haben. Sie sind so gestaltet, dass sich jeder Mensch darin zurechtfinden kann und dass an ihrer Benutzung kein Reibungsverlust entsteht.
Für „Ciudades Paralelas“ luden Lola Arias und Stefan Kaegi KünstlerInnen ein, Interventionen für solche Räume zu erfinden. Acht Künstler wählten acht städtische Orte aus und verwandeln sie jetzt in Beobachtungsstationen für urbane Situationen. Einige mittels Radiowellen oder mit Hilfe von Kopfhörern, andere mit Menschen an ihrem Arbeitsplatz oder einem ganzen Chor... Es gibt Stücke zum hören, lesen, anfassen... für einen oder für 100 Zuschauer. Die Performer sind Schriftsteller, Amateursänger, zufällige Passanten oder gar die Zuschauer selbst.
Dominic Huber bespielt ein Wohnhaus, dessen Bewohner das Publikum von der anderen Straßenseite her beobachtet und abhört, wie Detektive eines nie begangenen Verbrechens. Gerardo Naumanns Fabrikarbeiter führen Zuschauer auf eine subjektive Reise entlang ihrer Fertigungsstraße. Ant Hampton legt ihnen über Kopfhörer im Lesesaal einer Bibliothek Anweisungen und Fußnoten von Tim Etchells zwischen die Buchseiten. Christian Garcia schreibt einen Renaissancechor für Laiensänger in die durch Schicksale aufgeladene Säulenhalle eines Gerichtsgebäudes. Mariano Pensotti lässt vier Schriftsteller als literarische Überwachungskameras Bahnhofszenen am Ort ihres Entstehens beschreiben; die Zuschauer lesen die Texte als live entstehenden Roman über den Köpfen seiner real existierenden Figuren. Die Aktivisten von Ligna inszenieren ihre Hörer in einem Shoppingcenter zu einem verschwörerischen Radio-Ballett. Lola Arias inszeniert Hotelzimmer so, dass man darin anstelle von Spuren von Hotelgästen, Erzählungen des Putzdienstes findet, der vorwiegend aus Ausländerinnen besteht, die für andere Ausländer sauber machen - wie Gespenster, in deren Abwesenheit. Und Stefan Kaegi lädt spät am Abend auf ein Dach, von wo die Zuschauer gemeinsam mit einem Blinden auf all diese Projekte und die Stadt zurückblicken und sich unter dem Smoghimmel einer warmen Sommernacht fragen, was von einem Tag in Erinnerung bleibt.
Es sind Projekte, die einen täglich benutzten Raum in eine Bühne verwandeln und Zuschauer dazu verführen, Zeit in diesem Raum zu verbringen, bis sich seine Wahrnehmung verändert. Stücke, die für Massen gebaute Räume subjektiv erlebbar machen.
Ciudades Paralelas setzt acht Blickwinkel auf drei mal eine Stadt. Ein Festival, das nicht Bühnenbilder und Schauspiel-Ensembles transportiert, sondern Ideen. In Berlin, Buenos Aires und Zürich werden die Projekte in gut drei Wochen jeweils mit Darstellern aus der Stadt neu kontextualisiert und inszeniert. In Location-Scoutings und Castings werden die acht Künstler über ihre Projekte mit der Stadt vernetzt. So wandert Ciudades Paralelas als mobiles Forschungslabor von Land zu Land und wird zum Archiv für Guerilla-Methoden der Aneignung von Stadt.

 


www.ciudadesparalelas.org


Ciudades Paralelas ist eine Koproduktion von HAU Berlin und Schauspielhaus Zürich. Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes, die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia und das Goethe Institut.