Antigone. Sechs Anproben an einen Text.
Eine Übung in Post-Dramatik

Wie kann jemand aus der Ferne in einem Raum erscheinen?  Dafür gibt es zahlreiche Optionen und viele davon tragen wir spätestens seit den Lockdowns selbst in der Hosentasche griffbereit mit uns herum. Zugleich ist diese Frage auch eine zentrale Frage des Theaters - nach “Präsenz” der Figuren und ihrer ja häufig historischen Vorlagen vom Perser Xerxer (Aischylos) über den dänischen Prinzen Hamlet bis zu Figuren der Gegenwartsdramatik und insbesondere des dokumentarischen Theaters. 

 

Zu dessen zeitgenössischen Positionen werden die Arbeit von Rimini Protokoll häufig gezählt - gerade weil es  “Expert*innen des Alltags” sind, die in Stücken auftreten - Menschen also, die ihre eigenen Erlebnisse zum Gegenstand machen, sich quasi “selbst spielen”. Im Unterschied zum Spielen der Abwesenden in der Dramatik ist,  dass diese Expert*innen sich selbst meinen, wenn sie “Ich” sagen. Wie aber könnten sie präsent sein, wenn sie nicht auftreten können? 

 

Das ist die Leitfrage des Stücks “Konferenz der Abwesenden”, das seit seiner Entwicklung am Staatsschauspiel Dresden 2021 in zahlreichen Ländern und Sprachen aufgerührt wurde, ohne dass seine Protagonist*innen gereist wären. Stattdessen wurden mit ihnen Texte entwickelt, die von Freiwilligen aus dem Publikum vorgetragen werden, die sich spontan dazu entschließen. 

 

Die dabei entstandenen Ansätze zu einer Methode werden in diesem Seminar angewendet in einem Schreibprozess auf Basis der Recherche nach und der Auseinandersetzung mit Expertinnen des Alltages. Zugleich wird in dem Seminar die Auseinandersetzung mit einem dramatischen Text als gemeinsamer Grundlage erprobt. 

 

Teilnahme-Vorraussetzung sind die vorige Lektüre von Sophokles’ “Antigone”, sowie weitere  8 Stunden Arbeit im Vorfeld der gemeinsamen Seminar-Tage zur Erstellung eigenen Materials, allein bzw. im Team. 

 

Präsentation: 23.7.2022 Bochum, Blue Square, Studio 1

Im Rahmen von 10 Jahre Szenische Forschung Bochum. Ruhr Universität Bochum.