Auszug aus dem Recherche-Protokoll zu Vùng biên giới
12.1.2009 - Dresden
>> Erster Besuch in Dresden. Eine vietnamesische Frau, die von allen nur die "Prinzessin" genannt wird, führt uns in weißem Plüschkleid durch die schneebedeckten vietnamesischen Gärten in der Johannstadt. Ein Stadtentwicklungsprojekt. Mit dabei: Ein Ex-Stadtrat, der sich für die Vietnamesen in Dresden stark macht. Später zum Essen bei ihr in der bunt schrillen Wohnung.>>
Nachmittags: Eine Foto-Ausstellung im Goethe Institut Dresden. Schwarz-Weiß-Fotographien zeigen in den späten Achtzigern Vietnamesen im VEB Herrenmode an den Nähmaschinen und im Wohnheim. Wir wollen den Fotografen treffen.
13.1. - Hřensko / Prag
>> An der Grenze in Hřensko. Die einsamen Stände der Vietnamesen Es ist sehr kalt.
>> In Prag treffen wir Herrn Winter, der uns eine Frage stellen lässt und dann zwei Stunden von seinen Leistungen und Errungenschaften als Vorsitzender des vietnamesisch-tschechischen Freundschaftsvereins erzählt. Im kleinen Büro mitten im Plattenbaugebiet stapeln sich Orden und Urkunden. An der Wand Fotos von ihm und seinen Wirtschaftspartnern in Vietnam. Auf Vietnamesisch kann er nur »Prost" sagen.
>> Besuch auf dem SAPA Markt. In den Läden sitzen die Vietnamesen vor kleinen Heizlüftern. Kaum Kundschaft. Wir treffen Son Tung, der sich für die Öffnung der Vietnamesen einsetzt, einen Freundschaftsverein gegründet und ein Manifest aufgesetzt hat. Nach dem Brand einer Markthalle im November und einer Polizei-Razzia im Dezember rumort es in der vietnamesischen Community. Die Schwestern Van und Thu begleiten uns und erzählen von ihren Zielen, ihrem Studium. Ihre Eltern verkaufen US-Militärkleidung in einer der zahllosen Hallen. Die Mädchen sprechen fließend deutsch.
1.1. - Dresden, Rathaus
Vietnamesisches Neujahrsfest im Dresdner Rathaus. Beim Tet-Fest treten diverse vietnamesische Musik- und Tanzgruppen auf und feiern das Jahr des Büffels. Viele Dresdner sind da. Der Botschafter ermahnt die Landsleute: "Lernt und seid fleißig, Ihr vertretet Eure Heimat". Einer erzählt uns, der Graben zwischen Nord und Südvietnam verlaufe mitten durch Deutschland: Im Westen leben die Südvietnamesen, die so genannten Boat People, die Ende der siebziger Jahre geflüchtet waren. Im Osten die Nordvietnamesen, die als Vertragsarbeiter in die DDR kamen. Die Gruppen mischten sich bis heute kaum. In Dresden leben fast nur Nordvietnamesen.
7.3. - Grenzfahrt
Von Dresden über Hřensko nach Prag - und zurück. Die Gartenzwerge, die in den Vorgärten diesseits und jenseits der Grenze stehen, werden am Straßenrand an der Grenze verkauft. Made in Vietnam? Wir gucken drunter: Da steht nichts. In Hřensko erledigen deutsche Familien ihren Wocheneinkauf: Zigaretten, Kaffee, Süßigkeiten, Alkohol. Ein Schild wirbt: "Preise hart an der Grenze". Ein Tscheche erzählt: "Früher war einfach mehr los hier. Die neu gebaute Autobahn zwischen Dresden und Prag hat den Grenzverkehr abgezweigt". Einmal die Woche würde dennoch der Zoll kommen, die gefälschte Markenware beschlagnahmen und verbrennen. Ein Tag später kämen dann die neuen Lieferungen vom Prager SAPA-Markt. In Dubí säumen Stripbars und Bordelle die Straßen: Rio Relax, Cleopatra, Cobra, Marylin ... Aus bunt ausgeleuchteten großen Fenstern winken die Frauen den Autofahrern.
22.4. - Berlin
Bühnenbild: Ideensammeln in Berlin. Viele Fotos aus Vietnam. Viele Fotos von der Grenze und vom SAPA-Markt. Das Gebäude des Grenzübergangs bei Hřensko als Strukturmodell? - Der Verwaltungstrakt steht über den Durchfahrten, ein flacher Block - eine erste Bühne könnte sich heben oder angehoben werden und einen zweiten, überdachten Raum freigeben, in dem durch die Hebung Dinge aufgefaltet werden, und ein eigenes Licht herrscht.
4.6. - Berlin
Bühnenbild: Neue Ideen für die Bühne. Eine Art Pop-Up-Buch des Erzählens. Dinosaurier und Märchen stehen Modell.
Diverse Bücher zu Vietnam, der DDR und Tschechien werden aufgeteilt.
8.6. - Berlin, Schönefeld
Am Flughafen Schönefeld werden fast 100 Vietnamesen nach Vietnam abgeschoben. Mit einer bei Air Berlin gecharterten Maschine und 60 begleitenden Beamten. Am Flughafen sind einige NGOs und der Berliner Migrationsrat vertreten, aber von den Vietnamesen selbst ist nichts zu sehen.
11.6. - Berlin
"Apocalypse Now", "Platoon", "Full Metall Jacket" - auf der Suche nach der Perspektive der Gegenseite: Fehlanzeige. Vietnamesen kommen nur als »Charly", Prostituierte und unsichtbare Verkörperungen der Heimtücke vor.
Gibt es Spielfilme aus Vietnam oder der DDR über den Krieg?
12.6. - Prag
Casting in einem Besprechungsraum der Nova Scéna. Lenka und ein vietnamesischer Elektrotechnik-Student . Sie ist an der Grenze zu Bayern aufgewachsen. Deshalb hat ihr Deutsch einen bayerischen Akzent und ihr Englisch einen sehr amerikanischen Klang, wegen der Filme. Wir treffen sie, weil sie auch über dies und das blogt: aus Sicht einer jungen Vietnamesin, die spontan Tschechisch ihre Muttersprache nennt - nach vielen Jahren in einer tschechischen Pflegefamilie. Wenn sie mit ihrer Mutter Streit hat, muss der Vater übersetzen.
Auf dem SAPA-Markt im Restaurant »Little Hanoi" . An den Wänden hübsche Schwarz-weiß-Fotos von Menschen und Landschaften in Vietnam, auf der Herrentoilette über jedem Pissoir Nachdrucke von Ölgemälden mit fülligen, bleichen weiblichen Akten.
17.6. - Dresden
>> Treffen mit dem Vorsitzenden des Vereins der Vietnamesen in Dresden. Er war zu DDR-Zeiten von Botschaftsseite für die Vertragsarbeiter zuständig. Mit der Wende standen die Vertragsarbeiter vor der Wahl, 3000 DM Abfindung und den Heimflug anzunehmen oder in Deutschland zu bleiben. Bleiben durfte nur, wer innerhalb von 3 Monaten eine Arbeit und eine Wohnung nachweisen konnte. Ohne Aufenthaltsgenehmigung keine Arbeitserlaubnis; ohne Arbeitserlaubnis, keine Aufenthaltsgenehmigung. Viele Vietnamesen machen sich selbstständig und gründen Vereine zur Selbsthilfe. Es würde schwierig werden, Menschen aus der ersten Einwanderer-Generation zu finden und mit ihnen über ihren Lebensweg zu sprechen, bekommen wir wieder gesagt.
>> Ein Vertreter vom Flüchtlingsrat Dresden und Frau Thanh, die von sich als "Schimmeldeutsche" spricht, die schon so lang in Deutschland sei. Sie arbeitet als Dolmetscherin, wenn Vietnamesen vor Gericht stehen. Im Gespräch berichten sie über die Schleuserwege: Hanoi-Moskau über den Landweg nach Deutschland - wer hier ankommt, ist hochverschuldet, und es gilt, auf dem schnellsten Weg Geld zu verdienen. Häufig sind es die Verwandten, die zuhause unter Zahlungsdruck sind.
18.6. - Dresden
>> Bauprobe. Die Idee, eine Art Pop-Up-Buch auf die Bühne zu stellen, gewinnt an Kontur.
>> Buch - Zum Vietnamkrieg von Frey: Viele Familien wurden 1954 nach dem Krieg mit Frankreich und der Teilung des Landes getrennt. Viele Südvietnamesen flohen wiederum 1975 nach dem Sieg des Nordens und der Vereinigung des Landes. Fast 40.000 so genannte Boat People kamen ab 1979 in die Bundesrepublik.
3.7. - Potsdam
Ausstellung in der Landeszentrale für politische Bildung zu Vertragsarbeitern in der DDR. Die Kuratorin sagt, die Diskrepanz bleibe bestehen, dass offiziell die sozialistische Bruderhilfe im Vordergrund stand, aber eigentlich die DDR schlicht Arbeitskräftemangel gehabt habe. Von »Vertragsarbeitern" war offiziell und in den Dokumenten nie die Rede, sondern nur von ausländischen Werktätigen.
>> Buch - In der Biographie von Ho Chi Minh: Er hat in Paris in den zwanziger Jahren ein Theaterstück geschrieben "Der Bambusdrache" - Finden!
23.7. - Prag, SAPA-Markt
>> Drei junge Männer vom VietCzechFriends Verein, setzen sich für die Öffnung der Community ein und studieren Ökonomie, Informatik oder Mathematik. Mit dabei: zwei erfolgreiche Unternehmer. Der eine ist im Vorstand der SAPA Aktiengesellschaft. Beide erzählen vom Krieg und ahmen das Fallen der Bomben nach. Die Jungen sind still und einer sagt später, dass die Alten nie von ihren Kriegserlebnissen erzählen. >>
Weiter auf dem SAPA: Eine junge Frau, die ihr Wirtschaftstudium fast ganz für die Arbeit im Reisebüro aufgegeben hat. Sie verkauft vor allem Flüge nach Hanoi, direkt oder über Bangkok. Vietnamesen bekommen bessere Preise. Sie ist genervt von der eigenbrödlerischen Community - für die Sprache der zweiten Generation gibt es auch schon ein Wort: »Czechnamese".
24.7. - Prag, SAPA-Markt
>> Ein weiterer Tag auf dem SAPA. Es ist heiß, überall Ventilatoren. Streifzug durch die Hallen: Kleidung, Bademode, Spielzeug, Taschen, Plastikblumen, Elektronika. Eine LED-Anzeige, vielleicht etwas fürs Bühnenbild. >>
Treffen mit einer jungen Tschechin vom Klub Hanoi. Machen viel soziales Programm, um junge Tschechen und junge Vietnamesen zusammen zu bringen. Und umfangreiche empirische Studien zu den Migrationsprozessen. Der Chef des SAPA-Marktes schreibt in seiner Freizeit Theaterstücke.
29.7 - Berlin
>> Besuch bei einer Dame vom Migrationsrat Berlin. Sie entscheidet in der Härtefallkommission über Asylanträge mit und besucht straffällig gewordene Vietnamesen im Gefängnis - montags Männer in Tegel (Mörder, Zigarettenmafia), mittwochs Frauen in Pankow (Menschenhandel, Schleuser). Die Schleusung über Moskau nach Europa kostet 10.000 (Osteuropa) bis 30.000 Dollar (Skandinavien). Sie selbst ist 1969 mit ihrem deutschen Mann aus Saigon geflohen, der Arzt auf dem Sanitätsschiff »Helgoland" war. Mit dabei: Ein Mann vom Berliner Flüchtlingsrat, der auch in Schönefeld zugegen war - anlässlich der Abschiebung der 100 Vietnamesen. Bei Wiedereinreise müssten die abgeschobenen Vietnamesen die Abschiebung und die »Abschiebehaft" bezahlen (66 Euro pro Tag).
4.8. - Berlin
Eine der porträtierten Damen aus der Potsdamer Ausstellung. 1975 in die DDR gekommen, hatte sie mit 300 anderen Vietnamesen im VEB DKK Scharfenstein Kühlschränke gebaut . Mit 20 Jahren Garantie. Als Siemens nach der Wende das Werk übernahm, sagten die nur: "Seid ihr verrückt, 20 Jahre...!" Sie hat heute immer noch einen alten zu Hause. Sie leitet den Frauenclub Song Hong in Potsdam, der sich unter anderem für die Entschädigung von Agent-Orange-Opfern einsetzt. Grauenhafte Photos von missgebildeten Kindern in der zweiten und dritten Generation. Am Ende schenkt sie uns eine Ho-Chi-Minh-Büste. Sie hat keine Zeit, mitzumachen.
10.8. - Prag
>> Neues zum tschechischen Groß-Lobbyist: Alle kennen ihn, aber wenige sind gut auf ihn zu sprechen. Er gebe sich als ‚Vater aller Vietnamesen' aus - das ist aber eine Beleidigung, da nur Ho Chi Minh der Vater der Vietnamesen sei. >>
Video »Fog of War". Dokumentarfilm mit und über den ehemaligen US-Verteidigungsminister Robert McNamara und den Vietnamkrieg: »Don't answer a question like it is posed. Answer it like you wish it had been posed."
11.8. - Prag
Fahrt nach Rozvadov (deutsch Roßhaupt). Im Haus von Lenkas Familie, Ölgemälde von europäischem Wald, Ölgemälde Mühle am Weiher. Das Bild der verstorbenen Großmutter aus Vietnam ist im Rahmen davorgeklemmt, als sollte wenigstens sie es in diese Idyllversion von Europa noch schaffen. Überhaupt: Wunschcollagen. An der Wand ein Familienbild mit immens vielen Gesichtern. Beim näheren Hinschauen stellt sich heraus: Das interkontinentale Treffen findet nur in diesem Bild statt, zusammengesetzt aus zahlreichen Familienfotos.
12.8. - Prag
>> Bei der Ausländerbeauftragten des Stadtteils Libuš (Praha 4). Eine Anwältin des Dialogs. Das Viertel wird mehr und mehr zu einem »Little Vietnam". Von 10.000 Bewohnern sind geschätzt 2500 Vietnamesen. »Der vietnamesische SAPA-Markt ist das Herz und Hirn der vietnamesischen Kommunität". Mit eigener Zeitung, Feuerwehr und sogar quasi eigener Gerichtsbarkeit laufe der Markt Gefahr zum Ghetto zu werden. Die Probleme mit den Anwohnern scheinen überall anzubrennen. >>
Eine junger Tscheche betreibt eine Jobvermittlung für Vietnamesen. Früher hat er für die Vietnamesen auf Märkten gearbeitet. Die Wörter »Job", »Urlaub", »Ferien" hätten sie als Vokabeln gar nicht gekannt. Heute ist er mit einer Vietnamesin verheiratet und vermittelt Vietnamesen als Zeitarbeitskräfte an tschechische Unternehmen. >>
Eine junge Vietnamesin möchte gerne Sängerin werden und bewirbt sich bei der US-vietnamesischen Casting Show »Paris by Night". Ihre Eltern sind in der Tschechischen Republik mit mehreren Läden pleite gegangen und zurück nach Vietnam gezogen.
13.8. - Prag
>> Nochmal Treffen mit dem jungen Politiker. Aber er ist müde von vielen Gremien und die Diskussion um Politik erschöpft sich rasch. Eher Bedenken: "sprecht nicht über Ho Chi Min - da ist die Grenze erreicht!"
>> Treffen im Einkaufszentrum am Flughafen. Ein junger Vietnamese mit Faible für amerikanische Marken und Sprache. Er will ein Krankenhaus aufmachen, weil seine Schwester Medizin studiert und er Betriebswirtschaftslehre.
14.8. - Berlin, Lichtenberg
>> Rundgang auf dem vietnamesischen Markt in der Herzbergstraße. Nicht so groß wie der Prager SAPA-Markt. Viel strukturierter und standardisierter in den großen Hallen. Die Waren kommen teilweise aus Prag. Selbstversuch: Haarschnitt beim Vietnamesen - O-Ton "Sehr modern".
Wir treffen eine vietnamesische Soziologin, die von ihrem vietnamesischen Nachbarn erzählt: Herr Vu, Tuan wurde als junger Mann 1970 in die nordvietnamesische Armee eingezogen und als Pionier auf dem Ho-Chi-Minh-Pfad eingesetzt. Fünf Jahre lang schaufelte er unter Lebensgefahr Bombentrichter zu und baute mit tausenden von Soldaten und Freiwilligen den Pfad zu einer befahrbaren Straße aus. Nach dem Krieg Ausbildung zum KFZ-Mechaniker. Als einer der ersten Vietnamesen in die DDR deligiert. Ab 1980 im VEB Fortschritt in Bauzen (Landmaschinenbau), später als Sprachmittler eingesetzt. Nach 1990 bleiben verschiedene Versuche sich selbstständig zu machen erfolglos. Heute lebt er mit Hartz IV in Lichtenberg und schreibt unter dem Pseudonym Phuong Trang Linh Kurzgeschichten und Gedichte.
17.8. Dresden
>> Besuch der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit. Etymologie: »Ich gehe zum Fitschi einkaufen" käme von Vietnam - Fietnam ". Oder eher von »VC" als Kürzel für Viet Congs"? Vietnamesen waren die ersten, die mit der Öffnung des Ostblocks neue Vertriebswege für Obst und Gemüse gefunden haben - sie standen am Straßenrand ‚ambulant' und verkauften die ersten Bananen.
Nach der Wende ging die große Angst vor rechtsradikalen Anschlägen um: Viele Vietnamesen deutschten ihre Klingelschilder ein. >>
Abends Treffen mit Vietnamesen vom Dresdner Verein. Eine Dame, die einen Textilhandel betreibt, und ihre Tochter. Die Tochter eines Malers. Und drei ehemalige Vertragsarbeiter: Sony betreibt inzwischen ein Nagelstudio, Hung ein Textilgeschäft; der dritte ist Maler: »Wir haben es geschafft". Wandlung - vom Stahlarbeiter zum Maler ... Hung: "H&T - in 20 Jahren ist das so groß wie C&A." Und sie erzählen vom Krieg.
Zum Marktverständnis: Wir machen uns den Markt nicht gegenseitig kaputt, sondern beleben das Geschäft durch Konkurrenz. "Vietnamesen kaufen nicht bei anderen Vietnamesen - wir gehen zu C&A, und dann lesen wir im Etikett: Made in Vietnam."
18.8. Dresden
>> Von vielen Seiten als "der" Ansprechpartner empfohlen: Ein Oberst a.D.: War Dozent an der Militärakademie Friedrich Engels und hatte auch ein paar Vietnamesen zu unterrichten - aktive Kämpfer gegen die Amerikaner, die für ihre Tapferkeit und ihren Mut im Kampf ausgezeichnet nd in der DDR für den Führungskader des vietnamesischen Militärs weitergebildet wurden. An den Wänden Gemälde aus Vietnam - Geschenke seiner Schützlinge.
"Mit dem Willkommens-Essen für »seine" Vietnamesen gab es in der Betriebsküche eine Panne: Die Köchinnen dachten, Milchreis wäre auch Reis. Er blieb stehen. Zur Eingewöhnung Spaziergänge um das Umfeld kennenzulernen: zum Konsum und zum Arzt. "Nach einmonatigem Deutschkurs wurden sie mit der Produktion konfrontiert und in gemischten Brigaden an die Produktionsstätten geführt. Und dann haben sie sich noch eine zweite Produktionslinie aufgebaut" - nach der Schicht Jeans nähen nach westlichem Muster.
VEB Herrenmode: Hohe Qualität: Funktionäre haben sich dort ihre Anzüge machen lassen. Für Neckermann und C&A genäht - 20% blieb in der DDR, 40 % UdSSR, 40% BRD.
>> Buch - Biographie von McNamara: »How much evil must we do, to do good?", »What makes a war moral, if you win, and what makes it immoral, if you loose?", - viele Effizienz- und Effekivitätsrechnungen des Krieges.
19.8. Dresden
>> Bei Thanh zu Hause. Wir lassen uns noch einmal ausführlich ihre Achterbahnfahrt durch die DDR erzählen. Erst linientreue Studentin, dann Revolte und Widerstand gegen die Heimreise. Taucht unter und versucht zu fliehen, später in der DDR Dolmetscherin für die Vertragsarbeiter. Als nach der Wende alle weg wollen, will Thanh bleiben.
>> Video: Born on 4th of July mit Tom Cruise - lange Kampfszene ohne Musik Minute 39.
20.8. Dresden
>> Eine 14-jährige Dresdnerin - die uns ihren Internetauftritt zeigt und von ihren Eltern erzählt, die beide in der vietnamesischen Armee waren. Sie will Schauspielerin werden.
>> Ein junger vietnamesischer Schüler: Mathematik-Talent, Experte für Problemlösungen und strategisches Denken.
>> Abendprobe mit den Männern Sony, Hung & dem Maler: Karaoke, Gitarre, Schlagzeug. "In Vietnam durften wir keine Liebeslieder singen, denn das macht weich und traurig, und im Krieg muss man immer stark und wach sein." Sie singen mit Inbrunst auch Puhdys und Karat.
22.8. Berlin
Jubiläumstreffen der Vietnamesen des VEB DKK Scharfenstein im Viet-Haus Berlin.
24.8. Dresden
Abend bei der vietnamesischen Textilgeschäftsinhaberin. Die ganze Familie ist da. Die Eltern zeigen Photos vom VEB Pentacon und an einer alten Pentax, welche Bauteile sie einzubauen hatten
25.8. Dresden
Abends Probe mit Sony, Hung und ihren Frauen. "Wir haben jetzt Dauer-Visa."
26.8. Dresden / Prag
>> In Dresden, Recherche in der Bibliothek in der Rosa Luxemburg Stiftung: Unter "H" stehen auch drei Werke von Ho Chi Minh. Unter anderem: "Die Gefängnisgedichte". >>
In Prag: Probe mit Lenka, Thu und Van und einer jungen Studentin in der Nova Scéna. Sie sagen, wir sollten "Good Morning Vietnam" schauen, das sei der einzig gute Film über den Vietnamkrieg -
28.8. Berlin
>> Essen bei Monsieur Vuong, ein vietnamesisches Lokal in Berlin Mitte. Das berühmte große Jugend-Bild des alten Herrn Vuong hat einen Trauerflor.
>> Nochmaliges Treffen mit den Soldaten Tuan und Loi. Die beiden erzählen vom Essen im Dschungel: Schlange, Affe ... Wie viele Kriege kann die Bevölkerung dieser Stadt bezeugen.
30.8. Berlin, Friedrichshain
Sonntag 10:30, Corpus Christi Kirche. Katholischer Gottesdienst. In den zwanzig Reihen vielleicht 30 Deutsche. In den letzten drei Reihen hingegen etwa 70 Vietnamesen. Versuche ins Gespräch zu kommen bleiben schwierig.
2.9. Dresden
Zweites Treffen beim Oberst a.D. Dokumente und Photos aus der Zeit der VEB Herrenmode. Die großen Schwierigkeiten mit den gängigen Begriffen - »Vertragsarbeiter" für die »vietnamesischen Werktätigen", »Wende" für den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der BRD. Seine Stimme, sollte sie in unser Stück? >>
Ein Historiker und ein ehemaliger Abteilungsleiter gehen in die Details des für die VEBs desaströsen schnellen Wechsels in neue Verhältnisse.
>> Der Maler kann nicht mitmachen, er hat zu viele Aufträge, unter anderem ein großes »Bild zur Wende, positiv".
4.9. Berlin
>> Treffen mit einem deutschen Soziologen an der Weltzeituhr am Alexanderplatz. Er hat über die Perspektive der Stasi auf die Arbeiter aus Vietnam geforscht.
>> Sascha hat uns ein Gespräch mit einer Familie vermittelt, die 1978 zu den ersten so genannten Boat People gehörte. Sie kamen aus dem Norden, hatten aber chinesische Wurzeln. Während des anschwellenden Konflikts verkaufte die Familie ihr Haus, die Mutter floh mit den Kindern über den Landweg nach Hong Kong. Die Schwiegertochter wiederum kaufte sich und ihre drei Kinder auf einem kleinen Boot ein, eingezwängt zwischen 100 andere. Fast drei Monate waren sie unterwegs, immer wieder aufgebracht von Piraten. Bruchlandung an einer Insel. Die dortigen Chinesen schenkten ihnen ein Boot, um sie wieder loszuwerden. Wir entscheiden uns dafür, für diesmal mit den Biografien beteiligter Protagonisten auf der einen Seite der ehemaligen Blöcke zu bleiben.
7.9. Berlin / Dresden
>> Berlin: Progress Film Verleih bereitet alte Defa-Filme auf. Vietnamesische Wochenschau und die alte DDR-Wochenschau "Der Augenzeuge". Sechs Stunden Berichte über den Vietnamkrieg und später die Bruderhilfe, die Ausbildung der "vietnamesischen Werktätigen".
(8.9.2009 Redaktionsschluss Programmheft)